Er will Luzernern die Logik des Sex näherbringen

Nach knapp zwanzig Jahren im Mannebüro Zürich eröffnet Martin Bachmann eine sexologische Praxis in Luzern.

Ursprünglich sollten im Mannebüro Zürich gewalttätig gewordenen Männern geholfen werden. «Doch Männer sagten oft zu mir, dass sie das mit der Gewalt jetzt verstanden haben und es kontrollieren können. Aber sie hätten ein noch grösseres Problem: Sie bekämen keine Erektion oder kämen zu früh oder hätten keine Lust mehr», sagt Martin Bachmann. Es sei dem Mannebüro deshalb klar geworden, dass die Beratungstätigkeit breiter gefasst werden müsse. «Seit zwölf Jahren beraten wir Männer nun auch bei persönlichen Krisen, bei einer Scheidung und zunehmend auch bei Fragen zur Sexualität.»

Nachdem Martin Bachmann viele Jahre in der Männerberatung tätig war, möchte er nun sein Expertenwissen der ganzen Bevölkerung zur Verfügung stellen. Seine Tür stehe Menschen jeglicher sexueller Ausrichtung offen: «Zum Beispiel homosexuell orientierte Menschen haben nicht per se andere Themen als Heterosexuelle, aber sie werden meist früher mit dem ‹Anderssein› konfrontiert.»

Sexualität ist grösstenteils erlernt

Bachmanns Praxis heisst «Sexologik». Doch wie passen Logik und Sex zusammen? «Grundsätzlich prägen drei Elemente unsere Sexualität: die Biologie, die Sozialisation und unsere individuelle Biografie. Quasi natürlich reagieren wir alle auf Erregungsquellen, haben einen Erregungsreflex und können je nach Erregungssteigerung eine Entladung geniessen», erklärt der Sexologe. Aber darüber hinaus sei die Sexualität schlichtweg erlernt. Dabei gebe es keine richtige oder falsche Sexualität. «Meine Aufgabe ist es, meinen Klienten und Klientinnen dabei zu helfen, zu verstehen, was die Logik ihrer Sexualität und somit auch ihres Leidens ist. Bewegt ein Mann zum Beispiel die Hand mit viel Druck und grosser Geschwindigkeit am Penis, wenn er sich selber befriedigt, kann das zu einem dominanten Muster werden und dazu führen, dass der Geschlechtsverkehr mit der Partnerin gestört wird, weil dabei weder der gleiche Druck noch der gleiche Rhythmus erzeugt werden kann», erläutert Martin Bachmann.

Frauen wie Männern stehen oft die gesellschaftlichen Erwartungen im Weg. «Obwohl wir versuchen, Stereotypen aufzuweichen, wissen wir manchmal nicht, was jetzt gelten soll», sagt der Sexologe. Oft würden die Menschen vergessen, sich zu fragen, was sie denn eigentlich mögen und wollen. «Das ist meiner Meinung nach zu einem grossen Teil ein Bildungsproblem. Wo lerne ich, wie lustvoller, einvernehmlicher Sex geht oder wie man flirtet? Kombiniert mit der Enttabuisierung der Sexualität, der Pornografie und den neuen Rollenbildern erzeugt das Unsicherheiten. Die Menschen brauchen mehr individuelle Begleitung», ist Bachmann überzeugt.

Eltern tragen zur Sexualbildung ihrer Kinder bei. «Kinder sollen altersgerecht erleben, wie Eltern liebevoll miteinander umgehen, sich umarmen, küssen. Kinder haben da ein gutes Gespür. Meine Töchter stellen Fragen, sagen dann aber schnell mal: Stopp, mehr will ich nicht wissen. Als Elternteil muss man nicht immer alles selber anbieten, sondern kann Kinder andere Informationsquellen entdecken lassen», sagt Bachmann.

In der sexologischen Beratung leitet er seine Klienten dabei an, ihre eigene Sexualität zu erfassen, Muster zu erkennen und zu verstehen. «Am Anfang ist es einigen unangenehm, über so intime Themen zu reden. Doch da kommt mir meine Erfahrung zugute, das gibt schnell Sicherheit», sagt er. Je nach Thema könne ein Gespräch schon genügen. «Ich will den Menschen zu Lust statt Frust verhelfen. Deshalb ist jede Beratung massgeschneidert auf die individuellen Bedürfnisse.» In den meisten Fällen gelinge es den Klienten und Klientinnen – über das Verstehen und Üben von neuen Verhaltensweisen – Knöpfe zu lösen und Sexualität genussvoller zu gestalten.

Natalie Ehrenzweig

Hinweis
Der Krienser Martin Bachmann (51) ist seit 2001 im Mannebüro Zürich tätig. Nun eröffnet der Erwachsenenbildner und klinische Sexologe in Luzern die Praxis Sexologik: www.sexologik.ch

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